RadMarkt 03/2020
Lesedauer 2:40 Minuten

Dirk Zedler: Kundenkontakt professionell gestalten

Viermal hielt der Fahrradtester und Sachverständige Dirk Zedler seinen Vortrag auf der lnfotech und jedes Mal war der Raum überfüllt. An dem lehrreichen Vortrag gab es überhaupt nur den einen Kritikpunkt, dass der Titel (Sieben Todsünden der Werkstatt) irreführend war, denn dies war nur ein kleiner Teilaspekt der umfassenden Tour d'Horizon.

Die wichtigste Botschaft des Referenten: Der Händler muss dem Kunden gegenüber Professionalität beweisen und die zeigt sich in den großen Linien, wie der Laden- und Werkstatteinrichtung, ebenso wie in kleinen, vermeintlich nebensächlichen Details.

Hatte der Ludwigsburger Testprofi in früheren Zeiten noch vermehrt Qualitätsmängel an Fahrrädern registriert, die zu Streit mit unzufriedenen oder gar geschädigten Endverbrauchern führen konnten, so sind bei steigender Produktqualität bisweilen lächerliche und vor allem vermeidbare Kleinigkeiten der Auslöser für handfeste Konflikte. So musste Zedler als herbeigerufener Gutachter nur eine Kette schmieren, um den Stein des Anstoßes zu beseitigen. Man weiß nicht, wer hier eher als Karikatur durchgeht: der Endverbraucher, der wegen eines Geräuschs den Rechtsweg beschreitet, oder der Händler, der bei Sichtung des beanstandeten Rades die trockene Kette übersieht.

Schon zu Beginn des Kundenkontaktes kann man viel falsch machen, gerade da - wegen des ersten Eindrucks. Zedler erwähnte nicht zufällig, dass die Rezeptionistinnen in Autohäusern, die für den Erstkontakt zuständig sind, natürlich gepflegt aussehen, freundlich und zugewandt sind und eine eventuelle Wartezeit des Kunden mit einem Cappuccino versüßen.

Ein Montagebock, mit dem man das beanstandete Rad auf Augenhöhe anhebt, um die Reklamation nicht gebückt besprechen zu müssen, ist eine sinnreiche Investition, wenn auch teurer als ein Satz Teamkleidung, die das Personal von Kunden sichtbar unterscheidet und den professionellen Auftritt unterstreicht. Freundlichkeit kostet gar nichts, ist aber nicht immer der am leichtesten zu erfüllende Punkt.

Jedenfalls warnte Zedler vor gestiegenen Ansprüchen durch E-Mobilität. E-Bikes hätten für ihre Besitzer einen ganz anderen Stellenwert als normale City- oder Trekkingräder, darauf würden fast viermal so viele Kilometer absolviert. Deshalb verursacht es in ganz anderem Maße schlechte Laune, wenn ein E-Bike wegen eines Defektes nicht mehr fahrbereit ist und man auf den Werkstatttermin warten muss.

Also wird entweder „pronto“ repariert oder ein Ersatzrad gestellt, sonst kann man nicht gewinnen.

Weiterhin mahnte Zedler die ein oder andere Selbstverständlichkeit an, wie das Arbeiten mit Drehmomentschlüsseln. Die Annahme vieler Schrauber, sie könnten das richtige Moment aus dem Gefühl einstellen, sei durch Praxistests widerlegt; berichtete der Referent.

Übrigens sei beim Pärchen-Kauf vor Reichweitendiskussionen zu warnen. Das müsse nicht immer daran liegen, dass der Mann schwerer sei; es könne auch daran liegen, dass er die höhere Unterstützungsstufe einstelle; die Frau im Eco-Modus bleibe und dafür fester in die Pedale trete - so Zedlers Annahme. Unangenehmen Diskussionen kann man aus dem Wege gehen, indem man im Vorfeld darauf hinweist und einen praktischen Tipp parat hat: nach der halben Gesamtstrecke die Akkus tauschen.

Autor: Michael Bollschweiler

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