RadMarkt.de, 12.04.2022
Lesedauer 2:50 Minuten

Parlamentarischer Abend: Fahrrad-Wirtschaft traf auf Politik

Letzten Donnerstag (7. April) hatte das Verbandstrio Zweirad-Industrie-Verband e.V. (ZIV), der Bundesverband Zukunft Fahrrad e.V. (BVZF) und der Verbund Service und Fahrrad e. V. (VSF) Vertreter aus Politik und Fahrradwirtschaft zum Parlamentarischen Abend in die Landesvertretung NRW in Berlin eingeladen, der unter dem Motto „Fortschrittsmobilität einfach machen“ stand. Dabei hob der Bundesminister für Digitales und Verkehr Dr. Volker Wissing die zentrale Bedeutung des Fahrrads für die Mobilitätswende hervor. Auch vor Ort in der Berliner Landesvertretung NRW: der Staatssekretär im Verkehrsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen Dr. Hendrik Schulte.

Begutachtete zusammen mit Dirk Zedler (rechts) einige Fahrrad-Details: Dr. Volker Wissing

Um einen möglichst vollständigen und vielseitigen Einblick in Industrie, Dienstleistung und Handel zu geben, wurde der Parlamentarische Abend in diesem Jahr erstmals von den oben genannten drei Verbänden gemeinsam veranstaltet. Er fand im Vorfeld des am 22. und 23. September 2022 im Berliner Langenbeck-Virchow-Haus stattfindenden Vivavelo Kongresses statt.

„Überall suchen und forschen wir nach der Mobilitätslösung. Sie soll effizient sein, klimafreundlich, bezahlbar, sauber, unabhängig von fossilen Kraftstoffen und möglichst auch noch ein Gefühl von Freiheit vermitteln. Das klingt nach einer Traumvorstellung. Aber es gibt sie längst: Das Fahrrad kombiniert so gut wie alle Aspekte, die ich eben genannt habe“, lobte Wissing in seiner Auftaktrede das Fahrrad als Verkehrsmittel der Zukunft.

Tatsache ist, dass das Fahrrad derzeit medial und politisch präsent ist wie nie - nicht zuletzt deshalb, weil es in den vergangenen Jahren zahlreiche Trends gab, die Radfahren noch attraktiver gemacht haben: Die Elektrifizierung des Radfahrens, Cargobikes für unterschiedlichste Einsatzzwecke oder Dienstradleasing machen das Fahrrad zur Fortschrittsmobilität Nummer eins. Dies hob auch VSF-Geschäftsführer Uwe Wöll in seiner Eröffnungsrede hervor. Er lud dazu ein, den gemeinsamen Abend als Inspiration und Perspektivwechsel zu nutzen. Dazu trug auch die veranstaltungseigene Ausstellung bei, welche innovative Fahrräder, Fahrradprodukte und -komponenten aus sämtlichen Bereichen präsentierte.

Somit also alles gut? Nicht ganz: Fahrrad-Tester Dirk Zedler forderte in seiner Rolle als stellvertretender BVZF-Vorstandsvorsitzender, die Fahrradnutzung im Mobilitätsmix systematisch und nachhaltig zu fördern: „Unsere Branche ist auf Wachstumskurs und bietet neben großem Innovationspotential auch klimafreundliche Verkehrslösungen. Das Paradebeispiel E-Rad erweitert die Alltagstauglichkeit des Fahrrads enorm. Treiber des E-Rad-Booms und der Fahrradwirtschaft insgesamt ist das Dienstradleasing. Bereits die Hälfte aller DAX-Unternehmen bieten Fahrradleasing an, Tendenz steigend. Der Gesetzgeber muss dieses Angebot endlich mit einer eigenständigen Regelung im Einkommensteuergesetz verstetigen.“

ZIV-Geschäftsführer Burkhard Stork hob indes die Bedeutung einer verlässlichen und langfristigen Finanzierung der Radverkehrsförderung durch den Bund hervor: „Das Fahrrad ist ein großartiges Produkt und ein hervorragendes Verkehrsmittel für Alltag und Freizeit. Damit sich der Fahrrad- und E-Bike Boom fortsetzt, wollen wir, dass die Politik die Nutzung unserer Produkte fördert und dies tut sie am besten, indem sie Radinfrastruktur und lückenlose Radnetze fördert. Deshalb begrüßen wir das Versprechen des Bundesverkehrsministers, das Sonderprogramm Stadt & Land über 2023 hinaus zu verstetigen.“

VSF-Geschäftsführer Uwe Wöll verwies auf das Thema Fachkräftemangel in der Fahrradbranche. Laut einer aktuellen Händlerumfrage unter Bico- und VSF-Betrieben liegt die Bedarfslücke bei über 30 Prozent. Dies entspräche mehr als 15.000 unbesetzten Stellen allein im Handel: „Für die nahe Zukunft brauchen wir leichtere Wege der Qualifizierung, Unterstützung beim Umbau in die moderne, modulare Ausbildung und auf breiter Linie eine umfassende Strategie zur Fachkräftesicherung. Eine vernünftige Zuwanderungspolitik, die Migrant*innen den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erleichtert, könnte einen guten Teil unseres Mangels abfedern.“

In einem anschließenden Panel diskutierten Mathias Stein (SPD), Swantje Michaelsen (Bündnis 90/Die Grünen), die Berliner Bezirksstadträtin Saskia Ellenbeck (Bündnis 90/Die Grünen) und Dr. Sandra Wolf (Geschäftsführerin von Riese und Müller) die nötigen Maßnahmen zur Erreichung einer starken, fahrradmobilen Zukunft.

Autor: Jo Beckendorff/Vivavelo
Foto: Vivavelo

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