BIKE 02/2019
Lesedauer 2:30 Minuten

„Wer Rahmen aus Asien importiert, wird zum Hersteller"

BIKE: Was bedeutet der Bruch der Testrahmen?

Dirk Zedler: Das bestätigt unsere Erfahrung, dass Hersteller großer Marken in diesem Bereich wesentlich mehr Gas geben. Die Entwicklung zwischen 2005 und heute brachte im Wesentlichen eine Verbesserung der Schlagresistenz und der Überlastfähigkeiten. Die Hersteller haben nicht nur daran gearbeitet, möglichst leicht zu bauen, sondern vor allem, die Räder robuster und schlagzäher zu machen, sodass sie Stöße besser absorbieren können. Denn Risse haben früher für viel Stress gesorgt. Die verbesserte Schlagzähigkeit dient daher einerseits dem Schutz des Fahrers, andererseits aber auch dem der Hersteller. Wenn ein guter, aktueller Rahmen eines seriösen Herstellers reißt, dann weiß er, dass das nicht einfach so beim Fahren passiert ist, sondern dass wirklich ein Unfall geschehen sein muss.

Was bedeuten die 80 Joule Stoßenergie, wann tritt diese Belastung auf?
Das ist ein üblicher Stoß, wie er bei jedem Fahren nach einem Fahrfehler auftreten kann, wenn man auf eine Wurzel knallt oder vor einen Baumstumpf und dann vielleicht einen platten Reifen hat oder einen Schlag im Vorderrad. Das heißt, dass dies auch übliche Vorschäden sind, die an Carbon-Rahmen nicht sichtbare Schäden hinterlassen, während ein Alu-Rahmen vielleicht schon leicht verformt wäre. Wir schalten den Schlagtest daher vor die Ermüdungsprüfung, da solche Stöße vorhersehbarer Fehlgebrauch sind und die Rahmen auch danach noch sicher sein sollten.

Wie oft kommt es vor, dass Rahmen bei 50 Joule Stoßenergie versagen?
Im Prüflabor glücklicherweise kaum mehr. Die Hersteller, die bei uns prüfen lassen, gehen weit darüber hinaus. Die 80 Joule sind daher nur als Eingangshürde zu betrachten.

Gibt es Erfahrungen mit No-Name-Brands aus China?
Nein. Aber es gibt Wiederverkäufer, Tendenz abnehmend, die sich einen Container in China bestellen und dann bei uns testen lassen, bevor sie damit auf den Markt gehen. Dort kommt es tatsächlich öfter zu Ausfällen. Und da sehen wir auch Unterschiede zu echten Marken mit Qualitätskontrolle, mit denen wir schon länger zusammenarbeiten. Diese sind auf einem viel höheren Niveau.

Gibt es von der Endkundenseite her Erfahrungen mit Direktimporten?
Nicht direkt. Wir stellen aber im Gutachtenbereich fest, dass solche Produkte gehäuft als Diebstahl gemeldet werden. Uns fallen da vor allem gefälschte Produkte auf, die wir dann aber nicht anschauen können.

Wie sieht es mit der Produkthaftung aus bei Direktimporten?
Schlecht. Wer in die EU importiert, gilt als Hersteller, auch wenn er nur Endkunde sein will. Man übernimmt also die volle Verantwortung.

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